BROWN

BROWN

 

»YOU GOT THE NERVE TO CALL ME COLORED«

Ein Fotoshooting, das provoziert, konfrontiert und nicht schweigt.

 

Sven Appelt hat wieder einen Punkt gefunden, an dem es schmerzt. Nicht um zu verletzen, sondern um zu zeigen, um sichtbar zu machen, um laut zu sein, wenn andere schweigen. 

Sein neuestes Shooting mit Andreas Fux trägt einen Titel, der allein schon ein Gespräch erzwingt:

»BROWN / YOU GOT THE NERVE TO CALL ME COLORED« – eine provokative Auseinandersetzung mit Farbe, Identität und dem feinen weißen Mann, der vielleicht mehr Farbe in sich trägt, als es ihm bewusst ist.

 

Dieses Shooting ist kein Akt der Aneignung, sondern der Umkehrung. Was passiert, wenn ein weißer Mann die Farbe „Brown“ für sich beansprucht? Nicht als Tarnung, nicht als Maske, sondern als Statement gegen die politischen Spannungen, gegen die Risse in unserer Gesellschaft, gegen das ständige “Wir gegen die”, dass längst tief in den Fasern der Realität sitzt.

 

Sven Appelt setzt sich mit dem Thema auseinander, nicht als Außenstehender, sondern als jemand, der die Veränderung hautnah erlebt hat. „Ich möchte definitiv in der heutigen Zeit keine 20 Jahre alt sein.“ Ein Satz, der nachhallt, der einen Graben zieht zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

 

Als er jung war – in den späten 90ern, frühen 2000ern – war Toleranz kein politischer Kampfbegriff, sondern eine gelebte Realität. Man war lesbisch, man war schwul, man war ein Mann oder eine Frau – Punkt. Man spielte mit Rollen, sprach sich gegenseitig mit „sie“ oder „er“ an, ohne dass es ein Manifest brauchte. Identität war Ausdruck, keine Zwangsjacke. Und vor allem gab es keine Barrieren zwischen denen, die eigentlich dasselbe wollten: Freiheit, Gleichheit, Respekt.

 

Heute? Heute sieht Sven Appelt eine Gesellschaft, die sich selbst zerteilt. Ausländerhass, Migrationsdebatten, politische Radikalisierung – und das inmitten einer queeren Szene, die einst genau das Gegenteil verkörpert hat. Plötzlich gibt es Abgrenzungen, plötzlich ist es nicht mehr ein gemeinsamer Kampf, sondern ein Wettkampf, wer die größere Unterdrückungsgeschichte schreiben darf. Und damit stellt sich eine Frage, die nicht nur in seinem Kopf brennt:

 

„Ist das der richtige Weg? Oder fördern wir genau das, was 2025 nun so präsent ist?“

Aber vor allem: Wer nimmt sich eigentlich das Recht heraus, Menschen zu definieren?

 

Was bedeutet es, wenn ein weißer Mann sich die Arroganz herausnimmt, Menschen mit brauner oder dunkler Hautfarbe als „farbig“ zu bezeichnen? Es ist keine neutrale Beschreibung, es ist eine Grenzziehung, eine subtile, aber umso mächtigere Abgrenzung. Ein weißer Mann erlaubt sich, andere in eine Kategorie zu stecken, die ihn selbst unberührt lässt – als wäre er die Norm und alles andere eine Variation davon.

 

Das Wort farbig legt einen Schleier über die Realität. Es wirft alle in einen Topf – Asiaten, Latinos, Südafrikaner, Nordafrikaner, Mittelafrikaner. Ein Begriff, der Vielfalt behauptet, aber in Wahrheit Gleichmacherei betreibt. Und dennoch bleibt der weiße Mann in diesem Narrativ unberührt. Unangetastet. Er ist nicht „farbig“. Er bleibt weiß.

 

Und genau da liegt der eigentliche Übergriff: 

Es ist nicht das Wort „braun“, das problematisch ist – es ist die Weigerung, es auszusprechen. Die Vermeidung. Die Angst, direkt zu benennen, was sichtbar ist. Warum kann man eine braune Frau nicht einfach eine braune Frau nennen? Warum ist ein brauner Mann nicht einfach ein brauner Mann?

 

Die wahre Ausgrenzung liegt nicht im direkten Ausdruck, sondern in der Umschreibung, in der Distanz, die damit geschaffen wird. Denn wer als „farbig“ bezeichnet wird, wird gleichzeitig von der weißen Norm abgekoppelt. Als wäre „braun“ nicht genug. Als bräuchte es eine weichgezeichnete, distanzierte Bezeichnung, um die Welt für die weiße Perspektive in Ordnung zu halten.

 

Dieses Shooting wird keine Antworten liefern – aber es wird Fragen aufwerfen. Fragen, die unbequem sind. Fragen, die oft übergangen werden. Es wird kein leises Statement sein – es wird ein Spiegel.

 

Denn vielleicht war es nie die Farbe, die das Problem war. 

Vielleicht war es immer die Angst, Farbe wirklich zu sehen.

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